Stellungnahme der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel zum Thema Windkraft

Auszug aus der Stellungnahme der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel zur  geplanten Überarbeitung des Regionalplanes Ostthüringen sowie des Regionalplanes Mittelthüringen vom 18.06.2015:

" ...Sehr geehrte Damen und Herren,

in den Sitzungen unseres Gemeinderates vom 19.05.2015 und 16.06.2015 beschäftigten wir uns ausführlich mit der im Betreff genannten Thematik, soweit er unser Gemeindegebiet und insbesondere die Ausweisung weiterer Windvorranggebiete betrifft.

Unter anderem haben wir uns mit der Studie zur „Ermittlung von Präferenzräumen für die Windenergienutzung in Thüringen“, die durch das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft am 11. März 2015 veröffentlicht wurde, befasst. Diese soll den Regionalen Planungsgemeinschaften als Grundlage zur Vorbereitung der notwendigen Neufassung von Windvorranggebieten in den Regionalplänen zur Verfügung gestellt werden. In der Studie werden auf dem Gebiet der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel keine Präferenzräume ausgewiesen. Unmittelbar an das Gemeindegebiet wird mit „P27OST, P40MIT Neckeroda Süd“ ein Präferenzraum mit 2. Priorität vorgeschlagen, der sich in direkter Nachbarschaft zum Kulturerbestandort „Schloss Kochberg“ befindet. Von den Autoren der Studie wird die Ausweisung des Präferenzraumes P40MIT zurückgestellt, mit dem Verweis, diese bei nicht ausreichender Windvorrangfläche Windenergie erneut zu prüfen.

Uns ist weiterhin bekannt, dass durch Windkraftbetreiberfirmen ein Gebiet zwischen Neusitz und Engerda als Vorschlag für ein Windvorranggebiet in den Regionalplan eingebracht werden soll. Dieses befindet sich ebenfalls in direkter Nachbarschaft zum Kulturerbestandort „Schloss Kochberg“ und in der Sichtachse Luisenturm – Burg Schauenforst.

Entsprechend Ihrem Aufruf im Staatsanzeiger (...) erteilen wir folgende Hinweise und Anregungen:

Aus unserer Sicht sprechen weitaus mehr Gründe gegen die Errichtung von Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel, als dafür (Abwägung). Natürlich sehen auch wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien als eine der wichtigsten politischen Aufgaben, um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu erhalten. Dabei bitten wir im Hinblick auf unser Gemeindegebiet jedoch um Beachtung folgender Gründe, die hier gegen den Ausbau gerade von Windenergie sprechen.

  • Die Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel liegt entlang der Saale und Ihrer Seitentäler und reicht bis an die Höhenzüge der Saale-Ilm-Platte im Nordwesten und der Uhlstädter Heide im Südosten. Aufgrund des Topographisch sehr wechselvollen Landschaftsprofiles mit ausgeprägten zusammenhängenden Waldflächen gibt es nach Einschätzung der Gemeinde keine sinnvoll erschließbaren Flächen für Windvorranggebiete. In der Gemeinde gibt es 32 Ortsteile die über eine Fläche von 122 km2 gleichmäßig verteilt sind, so dass für die Gemeinde keine größeren Freiflächen, zwischen den Ortsteilen und somit der Wohnbebauung, erkennbar sind, auf denen eine raumbedeutsame Planung von Windkraftanlagen möglich wäre. Das prägende abwechslungsreiche Landschaftsbild mit seinen Hügeln und Tälern sowie der kleinteiligen Anordnung der Ortsteile würde durch Windkraftanlagen dauerhaft nachteilig beeinflusst.
  • Auch die Flora und Fauna unserer Region gehört zur Identität unserer Heimat. Windenergieanlagen stellen für Fledermäuse und Greifvögel ein ernstzunehmendes Problem dar. Die abwechslungsreiche Agrarlandschaft in der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel mit einem Wechsel aus Feldern und Gehölzen ist ideal für Rotmilan, Mäusebussard und Fledermäuse – die zu den häufigsten Kollisionsopfern an Windenergieanlagen gehören. Die bei uns heimischen Greifvogel- und Fledermausarten müssen insgesamt vor den Gefahren durch Windenergieanlagen geschützt werden. Dies gilt aber umso mehr für die heimischen Vorkommen seltener Arten wie dem Rotmilan.
  • Die Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel ist Vorreiter beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Mit der Biogasanlage in Catharinau und Neusitz, dem Wasserkraftwerk an der Saale in Uhlstädt und zahlreichen Photovoltaikanlagen u.a. auf den Dächern von gemeindlichen Immobilien haben wir unseren Beitrag zur Energiewende geleistet. In der Gemeinde wird bereits 60% des, in der Gemeinde verbrauchten Stromes, aus erneuerbaren Energien gewonnen und liegen damit bereits über dem von der Landesregierung angestrebten Ziel von 45%. Wir sind gern bereit, einen weiteren Ausbau im Einklang mit der Region zu unterstützen. Ein Ausbau von Windenergie ist für die Erreichung der Ziele der Energiewende in unserer Gemeinde somit nicht notwendig.
  • Die überwiegenden Landwirtschaftsflächen in der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel liegen in landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten. In den vergangenen Jahren gingen der Landwirtschaft bereits viele gute Flächen für Gewerbegebiete und insbesondere den Kiesabbau entlang der Saale verloren. Der Flächenverbrauch zu Lasten der Landwirtschaft muss eingedämmt werden. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um die gut bearbeitbaren Ackerböden handelt. Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Arbeitgeber in unserer Gemeinde, den es zu erhalten gilt.
  • Die Landschaft der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel dient immer stärker dem Tourismus und der Erholung. Regional bedeutsame Wander- und Radwege entlang des Saaletales, der Uhlstädter Heide, des Hirsch- und Hexengrundes sowie der Hohen Straße von Orlamünde bis Neckeroda bieten hervorragende Möglichkeiten die historische Kulturlandschaft in der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel zu genießen. Die Weißenburg in Weißen, das Schloss Kochberg, der Luisenturm bei Kleinkochberg und die Burgruine Schauenforst bei Dorndorf verdienen als einmalige Kulturdenkmäler einen besonderen Umgebungsschutz, der durch ein weiträumig freizuhaltendes Sichtfeld sichergestellt werden muss. Eine Beeinträchtigung der Erholungsfunktion unserer Landschaft und der touristischen Entwicklung unserer Region durch den Bau von Windkraftanlagen ist nicht hinnehmbar!
  • Die Dörfer unserer Gemeinde verdienen Entwicklungschancen. Unser Ziel ist es, die günstige Lage der Gemeinde in der Impulsregion Erfurt, Weimar und Jena zu nutzen um den Zuzug junger Familien zu fördern. Durch die Errichtung von Windkraftanlagen in unmittelbarer Nähe verlören unsere Orte an Attraktivität als Wohnstandorte. Einen solchen Eingriff in die Planungshoheit und die Entwicklungschancen der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel werden wir nicht akzeptieren.
  • Problematisch ist die geplante Nähe des durch einen Windkraftbetreiber präferierten Gebietes für Windkraftanlagen zwischen Neusitz und Engerda zur bestehenden Wohnbebauung. Insbesondere morgens steht hier die Sonne flach über dem Horizont und  wirft bei großen Windkraftanlagen einen langen Schlagschatten. Beeinträchtigt würden dadurch insbesondere die Einwohner und die Regelschule in Neusitz, zumal eine Vielzahl der Fenster der Regelschule nach Osten ausgerichtet ist und der Schlagschatten in den ersten Schulstunden immer auf die Tafel in den Klassenräumen fallen würde.
  • Ungeklärt sind die Auswirkungen des durch Windkraftanlagen erzeugten Infraschalls auf die Gesundheit von Mensch und Tier. Vor der Ausweisung neuer Vorranggebiete für Windenergie im Umfeld von Wohnbebauung, Tierhaltungsanlagen und Wäldern sollte man die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen abwarten.
  • Die vorgeschlagenen Abstände von 750 m bis 1000 m zur Wohnbebauung erscheinen uns deutlich zu niedrig. Die Windkraftanlagen neuerer Bauart werden immer höher. Es ist einleuchtend, dass mit zunehmender Höhe die negativen Auswirkungen ein weiteres Raumumfeld betreffen. Ein Mindestabstand muss sich auf die Nabenhöhe der Windkraftanlagen zuzüglich des Radius des Rotors beziehen. Laut der 10H-Abstandsregelung in Bayern muss der Abstand einer Windkraftanlage zum nächsten Wohnhaus das Zehnfache von ihrer Höhe betragen. Ein daraus resultierender Mindestabstand von 2 km bei Anlagen mit einer Höhe von 200 m stünde in einem pragmatischen Verhältnis zu den hohen Beeinträchtigungen durch Windkraftanlagen.
  • Der Schutz von Natur, Landschaft und der Identität unserer Dörfer hat für uns Vorrang vor dem ungebremsten Zubau mit Windkraftanlagen.

Die Errichtung von Windenergieanlagen in unserer Gemeinde widerspräche damit vielfach den hiesigen sonstigen Raumnutzungsansprüchen. Durch die Errichtung von Windenergieanlagen würden hier Strukturen entstehen, die weder ökonomisch, noch ökologisch oder sozial nachhaltig wären. Vorstehend wurde insbesondere hervorgehoben, dass es kein raumverträglicher Ausbau wäre, der das regionstypische Landschaftsbild berücksichtigt, agrarische Gunstflächen würden verloren gehen, die für die Erhaltung unserer leistungsfähigen und nachhaltigen Landwirtschaft wichtig wären, durch Baumaßnahmen würden neue Flächen in Anspruch genommen – was per Gesetz grundsätzlich vermieden werden soll (Freiraumsicherung), eine Entwicklung unserer touristischen Infrastruktur würde nachhaltig gestört, gewachsene Kulturlandschaft zerstört, die Attraktivität unseres ländlichen Raums für seine Einwohner maßgeblich beschädigt, die Belange unserer Gemeinde also im Verhältnis zum Vorteil der Windenergie unverhältnismäßig verletzt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits 60% des in der Gemeinde verbrauchten Stroms aus hier gewonnener Erneuerbarer Energie bezogen wird. Windvorranggebiete und Windenergieanlagen in unserer Gemeinde widersprächen einer zukunftsorientierten und nachhaltigen Regionalentwicklung in Ost- und Mittelthüringen. ...."